Die Mittlere Mühle, deren Standort erstmals 1314 erwähnt wurde, ist die letzte von einst drei Mühlen in Deißlingen und damit ein bedeutendes historisches Relikt am jungen Neckar. Ursprünglich verfügte die Anlage über fünf Wasserräder, die eine Hanfreibe, eine Gipsstampfe, einen Gerbgang, eine Säge sowie die Getreidemühle antrieben. Nach ihrer Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg wurde die Mühle wiederaufgebaut und entwickelte sich im 18. Jahrhundert zu einem der wichtigsten Gewerbebetriebe des Ortes. Der Müller galt damals sogar als größter Gewerbesteuerzahler. Der Mahlbetrieb endete 1956, und 1968 fiel die Säge einem Brand zum Opfer.
Im Jahr 2002 begann ein Student mit der Reaktivierung des historischen Standorts, getragen von der Überzeugung, dass „nichts so stark ist wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist“. Herzstück der heutigen Anlage ist ein mittelschlächtiges Zuppinger-Wasserrad mit einem Durchmesser von 5,25 Metern und 40 Schaufeln. Es liefert rund 12 PS und treibt einen Generator mit einer elektrischen Leistung von 10 kW an – genug, um etwa acht Haushalte samt Elektrofahrzeugen zu versorgen. Ein Fischaufstieg und eine freiwillige Restwasserabgabe sorgen für den ökologischen Ausgleich; das anfallende Schwemmholz dient im Winter als Brennstoff für die hauseigene Holzheizung.

Nach Ansicht des Betreibers leidet die Kleinwasserkraft heute vor allem unter mangelndem Miteinander. Früher wurden die vielfältigen Funktionen eines Gewässers – Energiequelle, Bewässerung, Fischerei, Löschwasser und Hochwasserschutz – selbstverständlich kombiniert und prägten so Kulturlandschaft und Artenvielfalt. Heute erschweren zahlreiche Auflagen und unklare Zuständigkeiten ein solches Zusammenspiel. Dabei biete die Wasserkraft, richtig eingesetzt, erhebliche Vorteile: die gleichzeitige Gewinnung von Strom und Wärme, die Bereitstellung von Löschwasser, ein aktiver Beitrag zum Hochwasserschutz sowie die Bewahrung regionaler Identität und historischer Strukturen.
Für die Zukunft ist geplant, das Gebäude mit der Wärme des Neckars zu beheizen. Langfristig soll zudem am ehemaligen Standort des Sägewerks ein neues Wasserrad installiert werden, um dem bestehenden Wasserrad eines Tages einen würdigen Ruhestand zu ermöglichen.
